Achterbahn Fahren

Oder:
Überraschungen zwischen den ganz normalen Seiten des Alltags.

Einen langen Moment erscheint A. alles voller Gram und Schwere, keine Perspektiven, kein Horizont in Sicht. Oberflächliches Funktionieren, unterschwelliges Zerfallen. Wie lange geht das schon so? Tagelang, wochenlang, gar Monate? Egal, jedenfalls schon viel zu lange. Nichts davon hat sich mit Denken, Reden, Sport oder Schreiben lösen lassen. Schließlich eine Konfrontation mit dem (vermeintlichen) Schicksal. Da wird es ihr erst bewusst, wie es ihr geht. Dann ein Innehalten, eine Begegnung zur Unterstützung.
Ein sich Mitteilen. Kein Ausweg mehr? Wirklich… oder?
Ein langer, ruhiger Blick von außen, A. wird gesehen. Raum entsteht. Eine Geste: Ein langsamer Strich über die Augenbrauen. Vertrauen und Zuwendung rieseln tief und ohne Umweg ins System. Der Körper nimmt es positiv auf und die Zeichen wechseln: Atem wird scharf eingesogen, gestaute Flüsse brechen los, in Aufruhr fließen sie zuerst stromaufwärts, wenden und winden sich, dazu schlotternde Atemzüge, Schmerz und Tränen. Sie kommen in Wellen und mit kleinen Konvulsionen. Der Atem verkrampft sich kurzzeitig völlig und wird doch nach jeder Welle tiefer.
Noch ein Strich über die Stirn. Raum entsteht nun auch innen. Noch ein paar Seufzer, Tränen kullern. Danach fließt alles wieder normal, talwärts, mit der Schwerkraft, dem Meeresspiegel entgegen.
Freude steigt auf über die Erlösung von der Enge, das erneute Zuhause-Sein im Körper und Empfinden „normaler“ Gefühle wird erfreut wahrgenommen. Kein Zweifel, A. ist außer Gefahr. Das System hat reagiert und der Horizont ist auf einmal weit, so weit. „Ahh, jetzt fühle ich mich ich wieder als Mensch.“ Sie blickt ihr Gegenüber mit neuen Augen an „Hallo nochmal.“ Jetzt können wir reden, oder lachen, planen, feiern, Lösungen finden oder einfach ganz normal weiterleben.

So kann Körper-Gefühlsarbeit sein, wenn sie mit dem Nervensystem arbeitet (Das dargestelte Erlebnis war jedoch ein privates Ereignis und ist nicht das, was in meinen Beratungen stattfindet). Es beinhaltete dennoch Ko-Regulation und einen körperlichen Schlüsselreiz für das Nervensystem. Danke für das Wissen um die Stufen der polyvagalen Leiter.
So ist das autonome Nervensystem, wie es leibt und lebt. Das gehört, finde ich, zum wertvollen Basiswissen!

Es scheint ein chaotischer Tanz der Gefühle, Gedanken und Zustände zu sein. Jedoch folgt es einer Logik, die verborgen und zutiefst menschlich ist; eigentlich evolutionär-revolutionär! Dahinter steckt die uns innewohnende und prägende Menschheits-Geschichte, die vom Einzeller zum Reptil zum Säugetier führt und parallel die Geschichte der Gehirnentwicklung ist. Ihre Funktionen und Verhaltens-Ebenen rufen mmer wieder Staunen hervor. Die Polyvagal-Theorie erklärt vieles, was an Verhalten, Denken und Empfinden mit den Situationen wechseln kann wie der Wind! Es ist tatsächlich eine Art von Programmen, Rangordnungen und Schaltkreisen.

Kennst Du dein Nervesystem, in allen Facetten? Mit Freude beobachte ich, dass es immer mehr Methhoden und Strömungen gibt, dieses Wissen in therapeutischen Seetings oder auch in Eigenbehandlung anzuwenden. Es ändert so viel! Die Achterbahn wird überschaubar, kürzer und vor allem als solche erkennbar.

Hier sind ein paar Links, mit denen du losstarten kannst, um deine eigene Forschungsreise zu machen, dich begleiten zu lassen, Regulationsmechanismen zu lernen oder einfach im Alltag Verständnis zu haben, “was abgeht”.


-> Polyvagal-Kreis, Polyvagale Leiter, NeuroAffectiveRelationshipModel (NARM), Somatic Experiencing (SE), Fast Reset